Von 0 auf 100 Megabit geht es in vielen nordfriesischen Gemeinden demnächst in Sachen Internet. Das klingt wie ein kleines Wunder, da die Versorgung außerhalb der Ballungsräume bisher als wenig lukrativ galt. Eine private Gesellschaft will nun in den weitgehend unversorgten Dörfern flächendeckend Glasfaserkabel verlegen. Damit bekommen selbst abgelegene Bauernhöfe Übertragungsraten, die in den meisten Städten noch unerreicht sind.
„DSL ist nicht verfügbar“
Wie in Bohmstedt, dort unterzeichnen Dorfbewohner Verträge für Internetanschlüsse, die viel schneller sind, als alles, was sie bisher hatten, wie eine Frau erzählt: „Mein Sohn lernt Elektriker und er sagt: Mama, das ist das beste, was Du machen kannst. Denn so schnell kommst Du nie wieder ins Internet.“ Auch Gastwirt Marten Paulsen freut sich: „Es ist wichtig für die Gäste, dass sie im Internet schnell surfen können. Jetzt – das geht ja gar nicht. Täglich beschweren sich Gäste.“ DSL ist nicht verfügbar hieß es für viele Haushalte bisher. Bürgermeister Peter Tücksen wollte daran etwas ändern, doch das war anfangs schwer: „Es ist mit bekannten Anbietern verhandelt worden. Wir haben es von kommunaler Seite versucht und haben auch versucht, Fördermittel zu bekommen. Da hat sich gezeigt, dass der Weg wesentlich schwieriger sein wird. Im Außenbereich hätten wir so kein DSL gehabt.“
Unternehmer nehmen die Sache selbst in die Hand
Nordfriesische Unternehmer nehmen nun selbst in die Hand, was Telekom & Co. nicht schaffen. Bohmstedt ist die erste Gemeinde von 50, die die neu gegründete regionale Breitbandnetzgesellschaft auf die Datenautobahn hieven will. Geschäftsführer Martin Grundmann meint, das rechne sich: „Wir dürfen aber nicht mit den Traumrenditen der Telekom rechnen.“ Dass die nordfriesischen Dörfer bisher ein eher unbestelltes Feld in Sachen Internet sind, erweist sich jetzt als Vorteil. „Es gibt ja die Rosinenpicker, die sich bestimmte Teile von Orten herausgreifen. Das ist dann natürlich eine sehr schwierige Situation. In dem Falle ist es tatsächlich Glück, dass noch gar nichts da war,“ sagt Grundmann. Das Projekt rechnet sich schließlich nur, wenn alle mitmachen. 60 Prozent der Haushalte müssen einen Anschluss beantragen, erst dann geht es in der jeweiligen Gemeinde los.
Nur wer sich schnell anmeldet, bekommt den Hausanschluss kostenlos. Auch das erhöht die Bereitschaft, von Anfang an dabei zu sein. „Wir haben noch einen kleinen Anreiz, indem diejenigen, die sich zuerst entscheiden für ihren Glasfaseranschluss nichts bezahlen müssen. Wenn die Bauarbeiten beendet sind, dann muss der tatsächliche Anschlusspreis, der liegt in der Regel über 1.000 Euro, dann von den Eigentümern bezahlt werden.“ Der dann folgende monatliche Preis wirkt mit knapp 43 Euro im Monat für Telefon & Internet auf den ersten Blick teuer. In Städten werden Komplettpakete für die Hälfte angeboten.
Nun bietet das Glasfasernetz in Nordfriesland deutlich mehr Leistung als üblich: 50 Megabit Downstream und 10 Megabit Upstream in der einfachsten Version. Matthias Winter vom Kooperationspartner KielNet räumt ein, dass nicht jeder diese Datenmengen braucht. Noch nicht. „Viele gucken heute YouTube auf kleinen Fenstern auf dem Monitor. Die Zukunft wird sein, dass diese Streams auf großen TV Bildschirmen angezeigt werden sollen, und das in HD- oder 3D-Qualität. Und dafür wird deutlich mehr Bandbreite erforderlich sein.“
Über Glasfaser bekommt jeder Nutzer die volle Bandbreite. Ein wichtiger Unterschied zu Internet über Mobilfunk oder Satellit. Dort teilen sich viele Nutzer die Kapazitäten. Unternehmer Thorsten Donath ist damit nicht zufrieden: „Bei schlechtem Wetter funktioniert das nicht gut. Zu Zeiten, wo viel los ist, ist es auch sehr langsam.“ Noch vor Weihnachten kann er wahrscheinlich schnell per Glasfaser surfen. Pro Jahr hat sich die Breitbandnetzgesellschaft zehn Gemeinden vorgenommen. Und vielleicht wird das Projekt ja ein Modell für andere Regionen.
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