Eichenzells Kommunalpolitiker wollen, dass alle Haushalte im Gemeindegebiet in vier bis fünf Jahren Glasfaser und damit superschnelles Internet erhalten. Das Projekt kommt ohne Zuschüsse der Gemeinde oder anderer staatlicher Stellen aus.
Eine kommunale Gesellschaft soll zehn Millionen Euro in Leerrohre investieren, die Summe plus Zinsen aber in 20 Jahren wieder einspielen.
Das Angebot der ÜWAG vom März, kreisweit Glasfaserkabel zu verlegen, um allen Orten den Zugang zu schnellem Internet zu ermöglichen, hat die Debatte um die Wege zur flächendeckenden Breitband-Versorgung noch einmal erheblich beschleunigt. Mit Hilfe von Beratern, darunter dem früheren Landrat Georg Gorrissen (61) aus Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) als Projektleiter, einem früheren Telekom-Manager und einem Steuerberater, hat die Gemeinde ein Modell entwickelt, das das Problem vom Ende her anpackt – vom Endverbraucher.
Erst, wenn genug Eichenzeller erklären, dass sie einen Glasfaseranschluss wünschen, wird die Gemeinde einen Betreiber für ihr Netz suchen, der dann auch verbindlich sagen kann, wie viel ein Internet-, ein Fernseh- oder ein Telefonanschluss via Glasfaser kosten wird. Ziel sei es, unter den Preisen der Wettbewerber zu liegen. Der Betreiber zahlt der Gemeinde eine jährliche Pacht für den Glasfaser-Zugang zu den Kunden.
ÜWAG legt nicht bis in jedes Haus
Erst, wenn der langfristige Mietvertrag vorliegt, verlegt die Gemeinde die Leerrohre für die Glasfaser. „Da die Kunden und der Betreiber bereits da sind, ehe das Verlegen beginnt, ist das wirtschaftliche Risiko für die Gemeinde fast null“, erklärt Gorrissen. Übernehmen soll das Verlegen der Leerrohre ein kommunaler Eigenbetrieb oder ? falls sich weitere Gemeinden dem Eichenzeller Modell anschließen ? ein Zweckverband.
Für das Verlegen der Leerrohre wird der Eigenbetrieb zehn Millionen Euro aufwenden. Dieser Betrag soll vom Betreiber des Netzes über 20 Jahre abgezahlt werden. „Am Ende zahlt die Gemeinde kein Geld für das Projekt“, sagt Bürgermeister Dieter Kolb (parteilos). Die ÜWAG verlangt für die Versorgung der Gemeinde mit Glasfaser einen Gemeindezuschuss von 592.000 Euro und führt das Glasfasernetz nicht bis zu jedem Haus.
Ab welcher Anschlussquote der Betrieb des Netzes wirtschaftlich ist und das Projekt startet, will Gorrissen nicht sagen, aber er erwarte, sagt er, dass 50 bis 60 Prozent der Haushalte und 80 Prozent der Unternehmen im Gemeindegebiet das Angebot annehmen. Kolb betont, dass die Gemeinde versuchen werde, die ÜWAG – etwa als Betreiber des Netzes – als Partner für das Projekt zu gewinnen. „Wir wollen die ÜWAG nicht ausbooten“, versichert Kolb.
Die Gemeinde hat bereits begonnen, bei Straßenbau-Maßnahmen, die ohnehin anstanden, Leerrohre zu verlegen. 200.000 Euro hat die Gemeinde dafür schon aufgewandt. Für die Machbarkeitsstudie hat Eichenzell bereits 20.000 Euro bezahlt. Für die Begleitung des gesamten Projekts soll das Beraterteam weitere 66.000 Euro erhalten.
Die Gemeindevertretung muss dem Konzept in ihrer Sitzung am nächsten Donnerstag noch zustimmen, aber in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gab es – bei einer Enthaltung aus der CDU – bereits einstimmig grünes Licht.